Tempe - Schlucht in Thessalien

Tempe ein Jahrhunderte alter Sehnsuchtsort

Nach einer Weltreise braucht der Mensch erstmal Urlaub – das dachte sich zumindest der Antwerpener Humanist Abraham Ortelius im Jahre 1570. Den perfekten Ort dafür hatte Ortelius auch schon im Kopf: die legendäre Landschaft Tempe zu Füßen des Olymp. Unser Bild zeigt, wie sich Ortelius Tempe vorgestellt hat: Das Land ist in warmes Sonnenlicht getaucht, am Himmel treiben lockere Wolkenbänder, Bäume und Wiesen strahlen in sattem Grün. Doch wann kommt die Weltreise ins Spiel? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir kurz auf Abraham Ortelius schauen, den Autor des Blattes.

Ortelius wurde im Jahr 1527 in Antwerpen geboren. Berühmt geworden ist er, weil er den ersten modernen Atlas veröffentlicht hat. Erschienen ist dieses Buch am 20. Mai 1570. Ortelius’ Atlas umfasste 53 Karten – sie stellten die ganze damals bekannte Welt dar. Das Innovative an den Karten war, dass sie alle dasselbe Format hatten und dass ihre Reihenfolge der Anordnung der Länder auf dem Globus folgte. So konnten die Leserinnen und Leser beim Umblättern um die Welt reisen.

Das Bild von Tempe bildete den Schluss des Buches – bei seinem Anblick konnten sich die Leserinnen und Leser von ihrer anstrengenden Reise erholen: Sie sollten sich, wie Ortelius selbst geschrieben hat, vom Grün der Landschaft erquicken lassen.

Seine Inspiration zur Darstellung von Tempe hatte Ortelius vom römischen Dichter Ovid bekommen. Dieser schrieb in seinem Buch „Metamorphosen“: „Tempe heißt eine Schlucht in Thessalien. Waldige Hänge schließen sie ein, Penëus, dem Fuße des Pindus entsprungen, wälzt seine schäumenden Wogen hindurch.“

So war Tempe ein Jahrhunderte alter Sehnsuchtsort, der dem gelehrten Publikum, das Ortelius Atlas durchreiste, bekannt war. Deshalb steht am Ende des ersten modernen Atlasses ein Urlaub – was für eine tolle Idee!

Carsten J.

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