Beschreibung
Verein pro archithese / Schweiz
Herausgegeben 2025
88 Seiten
20 × 28 cm
ISBN 978-3-03862-266-6
Kartografie und Mapping sind wesentliche Werkzeuge für die Kontextanalyse in Entwurf und Planung. Durch die Erstellung detaillierter Karten können Architekt*innen geografische Merkmale, Stadtgrundrisse oder Umweltbedingungen analysieren, die für die Standortwahl, Konzeption oder nachhaltige Entwicklung entscheidend sind.
Kartografie / Mapping
Kartografie ist, ganz prosaisch gesagt, die visuelle Darstellung georäumlicher Daten. Es geht im Allgemeinen um eine Reduktion von Komplexität: Die erfasste Realität wird in unterschiedlichen Abstraktionsgraden wiedergegeben. Zentral sind dabei hauptsächlich die Ebene des Massstabs, aber auch unterschiedliche Möglichkeiten der Darstellung. Waren Karten seit der Renaissance vorrangig ein Druckerzeugnis, das im 19. und 20. Jahrhundert zur Massenware wurde, besitzen Menschen, die mit einem physischen Stadtplan durch Metropolen ziehen oder mit einem Autoatlas durchs Land reisen, inzwischen Seltenheitswert. Digitale Karten und Apps wie Google Maps, das in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert, haben die Kartennutzung revolutioniert. Massstäbe lassen sich problemlos an die Erfordernisse anpassen, Darstellungsmodi per Knopfdruck ändern – und die Möglichkeiten, kartografische Daten mit anderen digitalen Informationsangeboten zu kombinieren, erweisen sich als schier grenzenlos.
Bei aller Praktikabilität, die Dienste wie Google Maps im Alltagseinsatz besitzen: Die Anwendung ist zwar scheinbar kostenlos, wird aber mit Daten der Nutzer*innen bezahlt. Zudem ist Google Maps, wie sämtliche andere Karten auch, weder neutral noch objektiv. Karten sind seit jeher auch Herrschaftsinstrumente, welche die Welt gemäss einer inhärenten, mal mehr, mal weniger offensichtlichen Logik abbilden und durch die Reduktion bestimmte Ebenen auslassen. Das hat in den vergangenen Jahrzehnten zur Ausbildung einer kritischen Kartografie geführt, deren Ziel es ist, marginalisierten Positionen Sichtbarkeit zu verschaffen und die scheinbare Neutralität von Karten zu hinterfragen.
Dass Architektur und Stadtplanung als planbasierte Disziplinen viel mit der Kartografie gemein haben, liegt auf der Hand. Auch hier geht es um das Erfassen von Realitäten mittels Mapping im Raum, und die traditionelle Handzeichnung ist ebenfalls weitgehend durch digitale Pendants ersetzt worden. Die Erfassung von Bestandsbauten durch Laservermessung und die Übersetzung in 3D-Modelle bietet gerade für die historische Bauforschung neue Potenziale. Doch Mapping ist auch in anderer Hinsicht vielversprechend: Methoden der Ethnografie – wie Feldforschung oder die Auswertung soziologischer Daten – ermöglichen es, den Istzustand von Quartieren, Städten und Ländern besser zu verstehen. So können Kartografie und Mapping die Basis für eine dezidierte Planung bilden.
Hubertus Adam