Beschreibung
Aethiopia superior vel interior; vulgo Abissinorum sive Presbiteri Ioannis Imperium
Willem Janszoon Blaeu
Diese faszinierende Karte von Ostafrika geht zurück auf den berühmten Amsterdamer Verleger Willem Janszoon Blaeu (1571–1638). Ursprünglich war das Blatt Teil einer lateinischen Ausgabe des „Atlas Novus“.
Das Kartenbild reicht von am Persischen Golf im Norden bis zu den mythischen „Mondbergen“ im Süden. Bestimmend für die Komposition sind die zahlreichen Flussläufe, die sich wie Adern durch die Landmasse schlängeln. Zauberhaft sind die locker eingestreuten Tierdarstellungen, die unbekanntes Terrain kaschieren.
Das Thema der Karte ist bedeutuend für die europäische Vorstellungsgeschichte von Afrika: Denn das Bild zeigt das legendäre Reich des christlichen Presbyters Johannes, welches einen wichtigen ideellen Anknüpfungspunkt für die Missionierung und Kolonisierung des Kontinents in der Frühen Neuzeit darbot.
Die vermeintliche Existenz des Priesters Johannes gründet in der Epoche der Kreuzzüge im 12. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde als Motivation für einen Kriegszug gen Afrika die Legende eines in Indien beheimateten christlichen Reiches verbreitet, das von einem Geistlichen namens Johannes gegründet worden sei. Dieser legendäre Priester – damals bereits über 500 Jahre alt – meldete sich sogar in einem fingierten Schriftstück selbst zu Wort und erklärte, dass sein Reich aus drei Teilen bestehe: einem in Indien, einem in Vorderasien und einem in Afrika, östlich des Nils. Ausgehend von diesen fingierten Berichten wurde das Reich des Presbyters Johannes rasch in Ostafrika lokalisiert – und als portugiesische Expeditionen im Jahr 1520 auf christliche Gemeinden in Äthiopien trafen, deuteten sie die koptische Kirche als Erbin des antiken Reiches. Während man in frühen Karten bereits Abbreviaturen des Reiches zeichnete, erschien die erste detaillierte Einzeldarstellung im Jahr 1573.
Die Darstellung von Blaeu besitzt ihren Ursprung in einer großen Wandkarte, die der Verlag im Jahr 1608 veröffentlicht hatte. Die Existenz einzelner Seen oder des Weißen Nils geht zurück auf antike Schriften, denn tatsächlich war die Region noch kaum bereist und dokumentiert worden. Die erste Atlaskarte von Blaeu erschien 1635 im „Atlas Novus“ und wurde später auch im „Atlas Maior“ gedruckt.
handkolorierter Kupferstich
Bildmaß: 38,5 x 49,4 cm (Höhe x Breite)

