Beschreibung
Venezuela cum parte Australi Novae Andalusiae
Willem Janszoon Blaeu
Diese faszinierend detaillierte Karte zeigt die Küstenregion von Venezuela. Das Blatt stammt aus einem der wichtigsten Verlagshäuser der Geschichte, der Amsterdamer Offizin Blaeu. Erstmals erschienen ist es wohl im Jahre 1635. Ihr Autor war Wilhelm Blaeu (1571–1638), der Gründer des Druckimperiums. Der Kartenausschnitt zeigt die Küste Venezuelas wundervoll detailliert. Im Landesinneren erzeugt die nuancierte Kolorierung eine geradezu malerische Anmutung, und die Schattierungen der teils massiv erscheinenden Bergketten sind ungemein fein gestochen. Die im Kartenbild versteckten Tiere laden zur genauen Betrachtung ein. Der Lauf des Orinoco ist fast schon spröde gezeichnet und scheint das nördliche Brasilien vom Festland abzusprengen. Staunenswert ist auch die Inselwelt der südlichen Karibik, die in detailreicher Klarheit vor Augen geführt wird. Auch hier verleiht die Kolorierung dem Batt eine ausgesprochen dekorative Wirkung. Die Kartusche mit den beiden auseinanderstrebenden Putten verdeutlicht die Nähe der niederländischen Kartografie zur zeitgenössischen Malerei. Die dargestellte Region war schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts kurzzeitig in den Blick der europäischen Öffentlichkeit gerückt. Nachdem der Genuese Christoph Kolumbus im Jahr 1498 die Ostküste Venezuelas betreten hatte, entstand die erste feste Siedlung der spanischen Conquistadoren im Jahr 1522 an der Nordostküste der Isla Cubagua. Auf der Karte ist diese Insel („Cobana“) südlich der größeren Insel „Margarita“ zu erkennen. Legenden ranken sich um den Ursprung des Namens „Venezuela“. Eine Annahme lautet, dass er von „Venedig“ abgeleitet sei. Denn als Amerigo Vespucci den Golf von Venezuela im Jahr 1499 erkundet habe, hätten ihn die Pfahlbauten der indigenen Añu an die italienische Lagunenstadt erinnert, weshalb er das Gebiet „Klein-Venedig“ genannt habe. Plausibler klingt der Bericht des spanischen Geographen Martín Fernández de Enciso, der zu Vespuccis Mannschaft gehörte. Dieser erwähnt nämlich in seinen Erinnerungen, dass die Añu auf einem Felsen gesiedelt hätten, der „Veneciuela“ genannt worden sei. Die Karte erschien in unterschiedlichen Auflagen des monumentalen Atlasses „Theatrum Orbis Terrarum“, einem der bekanntesten Objekte der Goldenen Epoche der niederländischen Kartografie. Verantwortlich für seine Veröffentlichung war Joan Blaeu, der Sohn des Verlagsgründers Wilhelm. Nach dem Tod des Vaters hatte Joan die Leitung des seinerzeit weltgrößte Verlagshauses übernommen und die Karten seines Vaters für den Atlas zusammengestellt. Die Publikation gilt heute als das aufwendigste Buchprojekt des 17. Jahrhunderts. Denn 1662 umfasste der Atlas 594 Karten in insgesamt elf Bänden und einem Seeatlas. Er zeigt praktisch die ganze bekannte Welt und blieb für viele Jahrzehnte verbindlich.
altkolorierter Kupferstich
Bildmaß: 48,3 x 37,3 cm (Höhe x Breite)